Freitag, 21. Dezember 2012

Zitatensammlung III

Ich gehöre zu einer Generation, die den Unglauben an den christlichen Glauben geerbt und in sich den Unglauben gegenüber allen anderen Glaubensüberzeugungen hergestellt hat. Unsere Eltern besaßen noch den Impuls des Glaubens und übertrugen ihn vom Christentum auf andere Formen der Illusion. Einige waren Enthusiasten der sozialen Gleichheit, andere nur in die Schönheit verliebt, andere glaubten an die Wissenschaft und ihre Vorzüge, und wieder andere gab es, die dem Christentum stärker verbunden blieben und in Orient und Okzident nach religiösen Formen suchten, mit denen sie das ohne diese Formen hohle Bewusstsein, nur noch am Leben zu sein, beschäftigen könnten.
All das haben wir verloren, all diesen Tröstungen gegenüber sind wir als Waisenkinder geboren worden. Jede Zivilisation folgt der inneren Linie einer Religion, die sie repräsentiert: Auf andere Religionen übergehen heißt, diese verlieren und damit letztlich alle verlieren. Wir haben diese eingebüßt und die anderen ebenfalls.
Mithin ist jeder einzelne von uns sich selbst überlassen worden und der Trostlosigkeit, sich am Leben zu fühlen. Ein Schiff scheint ein Gegenstand zu sein, dessen Bestimmung die Seefahrt ist; doch seine Bestimmung ist nicht die Seefahrt, sondern die Einfahrt in einen Hafen. Wir haben uns auf hoher See gefunden ohne die Vorstellung von einem Hafen, in dem wir hätten Zuflucht suchen können. So wiederholen wir auf schmerzliche Art und Weise die Abenteuerformel der Argonauten: Seefahrt tut not, Leben tut nicht not.
Illusionslos leben wir nur vom Traum, der Illusion dessen, der keine Illusion haben kann. Aus uns selber lebend vermindern wir unseren Wert, denn der vollständige Mensch ist der Mensch, der sich nicht kennt. Ohne Glauben haben wir keine Hoffnung und ohne Hoffnung haben wir kein Leben im eigentlichen Sinne. Da wir keine Vorstellung von der Zukunft haben, haben wir auch keine Vorstellung vom Heute, denn das Heute ist für den Tatmenschen nur ein Vorspiel der Zukunft. Der Kampfesmut ist abgestorben mit uns auf die Welt gelangt, denn wir wurden ohne Begeisterung für den Kampf geboren.
 
- Fernando Pessoa

 
Die Bewegung des Weltalls ist die Bewegung aus dem Übersein in das Nichtsein. Die Welt aber ist der Zerfall in die Vielheit, d.h. in egoistische, gegeneinander gerichtete Individualitäten. Nur in diesem Kampf von Wesen, die vorher eine einfache Einheit waren, kann das ursprüngliche Wesen selbst zerstört werden.
 
Die pessimistische Philosophie wird für die anhebende Geschichtsperiode sein, was die pessimistische Religion des Christentums für die abgelaufene war. Das Zeichen unserer Fahne ist nicht der gekreuzigte Heiland, sondern der Todesengel mit großen, ruhigen, milden Augen, getragen von der Taube des Erlösungsgedankens: im Grunde genommen das selbe Zeichen. Die schönste Blüte oder besser: die edelste Frucht der Schopenhauer'schen Philosophie ist die Verneinung des Willens zum Leben. Man wird immer mehr erkennen, daß erst aufgrund dieser Lehre ernstlich davon die Rede sein kann, die Philosophie an die Stelle der Religion treten zu lassen.
 
- Philipp Mainländer

 
Der Mensch gebärdet sich auch dann noch so, als ob er noch immer in ungemütlichen, steinzeitlichen Höhlen wohnte, wenn er schon lange in Palästen zu Hause ist. Er wehrt sich seiner Haut auch dann noch, wenn es weit und breit nichts mehr zu überleben gibt. Er denkt und sinnt weiter, wenn alles schon ausgedacht und ausgesonnen ist. Und - so sehr er die Welt schon mit seiner Wirklichkeit verstellt und vollgestapelt hat - er ist noch immer und mit wachsendem Eifer dabei, Wirklichkeit auf Wirklichkeit zu türmen. Verglichen mit dem Leben auf dem Eis und in den Tundren könnte er nun eigentlich in kurzweiligem Wohlstand leben; aber er verhält sich immer noch so, als ob er sich aus einer unergründlichen Langeweile retten müsste. Was zur Steinzeit lebensnotwendige Unterhaltung war, ist es bis heute geblieben: Wir sehen den Menschen sich wie eh und je vor dem eigenen Abgrund in die sichere Wahnstimmung seiner Wirklichkeit retten.
 
- Alfred J. Ziegler


Creating new people, by having babies, is so much a part of human life that it is rarely thought even to require a justification. Indeed, most people don not even think about whether they should or should not make a baby. They just make one. In other words, procreation is usually the consequence of sex rather than the result of a decision to bring people into existence. Those who do indeed decide to have a child might do so for any number of reasons, but among these reasons can not be the interests of the potential child. One can never have a child for that child's sake. That much should be apparent to everybody, even those who reject the stronger view for which I argue in this book - that not only one does not benefit people by bringing them into existence, but one always harms them.
 
My answer to the question 'How many people should there be?' is 'zero'.
 
- David Benatar

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